Eine Retrospektive zum 100. Geburtstag
des Siegener Künstlers.
Siegerlandmuseum in Siegen, Oberes Schloss
15. 9 bis 3. 11. 2019
Zerbrochenes neu geordnet
Siegen: Ausstellung im Siegerlandmuseum zum 100. Geburtstag von Reinhold Koehler
„Das Leben ist immer ein Fragment.“
la ■ 100 Jahre alt wäre der Autodidakt der Moderne - Reinhold Koehler - Ende des Jahres geworden. In der zeitgenössischen Kunst gilt er als Erfinder der Decollage, in Siegen kannten ihn viele als den Maler vom Dicken Turm im Unteren Schloss". Hier hatte er sein Atelier, gegenüber der Galerie Ruth Nohl, in der er immer wieder ausstellte. Als Freund und Künstler. Der gebürtige Dortmunder, der 1970 in Siegen an einem Herzinfarkt im Alter von si Jahren starb, hat ein umfangreiches künstlerisches Erbe hinterlassen, das heute von seiner Tochter Angela Koehler (Zürich) verwaltet wird. Das Siegerlandmuseum im Oberen Schloss zeigt ab Sonntag eine Werkschau „Decollages imprimes / Büchsendrucke und Objets decollages" aus dem Nachlass, ergänzt durch Leihgaben privater Sammler. Wer sich mit dem Leben Reinhold Koehlers beschäftigt, der findet auch leichter Zugang zu seinen Arbeiten.
Direkt von der Schulbank zum Russlandfeldzug eingezogen, beeinflusste dieser Lebensabschnitt im Unterbewusstsein seinen künstlerischen Weg. In einem Interview mit der Siegener Zeitung gestand Reinhold Koehler einmal: ,,Als ich die zerstörten russischen Städte sah, begriff ich zum ersten Mal, dass keine Form zerstört werden kann, ohne dass eine andere entsteht."
Die Kuratorin der Ausstellung, Angela Koehler, wird am Sonntag noch detaillierter den Lebenslauf ihres Vaters schildern, wie er seine spätere Frau, die gebürtige Siegenerin Marianne Meier, die während des Krieges ihr Medizinstudium absolvierte, kennenlernte, und wie er mit ihr von Dortmund nach Siegen kam. Und warum er in den 50er- und frühen 60er-Jahren viele Kunstwerke am Bau in Siegen und im Siegerland schuf. Dazu gehörte das Drahtrelief an der Winchenbach-Schule oder das Albertus-Magnus-Mosaik, das heute im Foyer des neuen Ambulanz-Zentrums des St-Marien-Krankenhauses thront. Reinhold Koehler war ein Suchender in der Kunstwelt. Während zu seinem 75. Geburtstag im Haus Oranienstraße eine Retrospektive von 1945 bis 1960 gezeigt wurde, in der ehemaligen Galerie Weiß in der Siegener Oberstadt später einzelne Decollagen ausgestellt wurden und er vor zehn Jahren zum 1. Siegener Kunsttag unter dem Generalthema „Küchenkunst" im Oberen Schloss präsent war, konzentriert sich die Präsentation zum 100. Geburtstag auf seine Dosendrucke als eigenständigen Werksabschnitt und seine zerschlagenen Porzellane, die er wieder zusammensetzte und in denen der Betrachter auch immer wieder die ursprüngliche Form erkennt. Besonders eindrucksvoll: die drei SchwarzWeiß-Arbeiten, klar in den Linien, fast abstrakt in der Form. Dazu zeigt die Schau Einzelarbeiten und späte Objets decollages, in denen er der Malerei wieder ein Stück näher rückt. Kulturausschussvorsitzende Traute Fries wird am Sonntag die Begrüßung um 11 Uhr zur Vernissage vornehmen. Die Ausstellung ist schon ab 10 Uhr geöffnet, um dem Publikum die Gelegenheit zu geben, in Ruhe die Ausstellungs-Objekte von Reinhold Koehler anzusehen und sich mit der Technik der Decollages imprimes zu befassen, an denen der Siegener von 1966 bis zu seinen Tod arbeitete: den Tiefdrucken von „plattgemachten" Konservendosen.
Reinhold Koehler: „Decollages inprimes“ Büchsendrucke und „Objets decollages“. Siegerlandmuseum im Oberen Schloss Burgstraße, Siegen. Bis 3. November, dienstags bis sonntags, 10 bi 17 Uhr.
Quelle: Siegener Zeitung, 14.9.2019